Ave Maria (Deutschland, 1936)

Manuskript und Drehbuch: Dr. Georg C. Klaren
Kompositionen und musikalische Leitung: Alois Melichar
Regie: Johannes Riemann
Produktionsleitung: Martin Pichert
Aufnahmeleitung: Heinz Landsmann
Kamera: Bruno Mondi
Schnitt: Roger Graf v. Norman
Regieassistenten: Curt Blaschnitzki und Ernst Rechenmacher
Bauten: Emil Hasler
Standphotograph: Karl Ewald
Ton: Hans Rütten

Personenverzeichnis:
Tino Dossi – Benjamino Gigli
A. Winkler (sein Korrepetitor) – Paul Henckels
Claudette – Käthe von Nagy
Michel – Harald Paulsen

Hersteller: Itala-Film
Verleih: Syndikat-Film G. m. b. H.

Tino Dossi, der gefeierte Sänger, dem sämtliche Kontinente zujubeln, und der mehr Geld verdient, als er jemals ausgeben kann, kennt außer seinem langjährigen Korrepetitor Amadeus Winkler keine Freunde, keine Zerstreuungen, keine Frauen. Nur seinen alten Hund Barry nimmt er auf allen Gastspielreisen mit. Er ist einsam, seit ihm die einzige Frau gestorben ist, die er je geliebt hat. Vor ihr Bild in seinem Arbeitszimmer erneuert er jeden Tag die Blumen, und auf dem offenen Flügel liegt ein Notenblatt, ein Lied, das er einst selbst für seine Braut geschrieben und nach ihr genannt hat: Maria. Nie wieder hat er es nach ihrem Tode gesungen.

Einmal im Jahre fährt er nach Paris, der Toten auf dem stillen Mont Martre-Friedhof zu huldigen. Er läßt eine Totenmesse für sie lesen, und mit einem Knabenchor singt er das wunderbar-herrliche Ave Maria, — kein Fremder darf bei dieser Feier zugegen sein. Einmal aber muß der Sakristan ihm bekennen, des Sängers Verbot, jemand einzulassen, übertreten zu haben. Im Vorraum der Kapelle kauert eine junge Frau, die eben einen Schwächeanfall erlitten hat. Dossi nimmt sich ihrer an — wir sehen ein schlicht gekleidetes Wesen mit schönen, aber verhärmten Zügen, einen strengen Scheitel und geradezu madonnenhaften Augen, die sehr traurig in die Welt blicken. Es ist Claudette, das „Herz von Paris“, Chansonette in einem mehr als fragwürdigen Nachtlokal, der Appolonio unter dem Einfluß des Alkohols die Geschichte des Sängers erzählt hat, und die nun im Einvernehmen mit ihrem „Freund“ Michel den großen Sänger verführen will, um ihn zu erpressen. Dossi glaubt ihr die rührselige Geschichte, die sie für ihn bereithält, sie komme aus der Provinz, und hier ruhe der einzige Mensch, den sie je geliebt habe, ihr Bräutigam. Sie erzählt ihm also in Wahrheit seine eigene Geschichte, und der weltfremde, menschenscheue Mann geht ihr prompt ins Garn.

Das — wie er glaubt — arme und verlassene Geschöpf beschäftigt Dossis ganzes Denken, und er sinnt darauf, ihr eine Freude zu machen. Er will ihr ein wenig Paris zeigen. Dann erbietet er sich, sie in seinem Wagen nach ihrer Heimat zu bringen, und so rollen die beiden dem sonnigen Südfrankreich zu. Claudette „erfindet“ eine Heimat, ein ganz übles Nest, und eine verfallene Bude bezeichnet sie als das Haus ihres Onkels. Der Sänger meint, hier könne sie doch ihres Lebens nie wieder froh werden, und er überredet sie ohne große Mühe, ihn nach seiner eigenen Heimat in Italien zu begleiten. Hier, in Dossis Villa, steht Claudette zum ersten Male vor dem Bilde der Frau, deren Namen sie gestohlen hat; Dossi erzählt ihr von der verstorbenen Braut und von dem Liede, das er für sie geschrieben und seither nie wieder gesungen hat. Da regt sich in dieser tief verschütteten Seele leise das Gute, das so lange geschlummert, und als Tino glaubt, ihr durch die Erzählung wehe getan und sie traurig gemacht zu haben, haucht sie ihm einen leisen Kuß auf die Wange, so zart, wie sie noch nie einen Mann geküßt hat.

Tino Dossi ist gänzlich verwandelt, aber nicht nur er, auch das Mädchen. Sie schämt sich des gemeinen Betrugs und will ihn heimlich verlassen, als er sie auffordert, zum Piedigrotta-Fest mitzukommen. Auf diesem Fest will Tino sich Claudette endgültig gewinnen, und zum maßlosen Erstaunen und Erschrecken zugleich erhält Winkler die Verlobungsdepesche des Künstlers. Er reist sofort nach Italien ab — Michel aber begleitet ihn.

Winkler versucht es, ihm die Heiratsabsichten auszureden — vergeblich. Ebenso vergeblich bemüht sich Michel um Claudette, die er veranlassen will, dem Sänger 50 000 Franken abzupressen. Da enthüllt er Dossi selbst das Geheimnis ihrer Herkunft. Auf der Bühne, als Alfred Germont in „Traviata“, nimmt er Abschied von Claudette und seiner Liebe zu ihr.

Am nächsten Morgen erfährt er, daß Claudette als Opfer eines Verkehrsunfalls im Krankenhaus liegt. Vergessen ist aller Schmerz, den er um sie erlitten; er stürmt sofort zu ihr und — wird nicht vorgelassen. Die Blumen türmen sich in ihrem Zimmer und zeigen die Tage an, da er vergebens kam. Dann wirkt er in einem Konzert für die Leichtkranken mit. Claudette hört seine Stimme, hört das Lied, das er einmal auch ihr gesungen, und läßt sich in den Saal fahren. Da sieht er sie und singt, wie er noch nie gesungen, für die geliebte Kranke.

In ihrem Rollstuhl sitzt Claudette, bleich und schön, wie eine Heilige, Tränen des Glücks in den Augen, die erlöst auf ihm ruhen, bis der letzte Ton verklungen. Toni Dossi hat seine Maria gefunden.

Quelle: „Das Programm von heute“ – Ave Maria

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